Zu Besuch bei einer Nomadenfamilie

Nach den Sanddünen hatten wir die Qual der Wahl: Kamelreiten oder eine Nomadenfamilie besuchen. Fast die ganze Gruppe entschied sich für Kamelreiten. Nur ich und ein anderer wollten die Nomadenfamilie besuchen.

Es stellte sich dann heraus, dass wir zu beginn mal alle die Nomadenfamilie besuchten. Dort wurden wir mit selbst gebackenen Keksen und gegorener Stufenmilch bewirtet. Letzteres lehnten die meisten von uns dankend ab. Auch ich. Dachte mir da noch, dass ich nicht unbedingt alles im Leben ausprobieren muss – habe aber dann ein paar Tage später noch meine Meinung revidiert.

Die Frau des Hauses war glücklicherweise sehr offen und erlaubte uns, unsere Fragen zu stellen. Unser Guide kam mit übersetzen kaum nach. So erfuhren wir unter anderem, dass sie insgesamt 4 Kinder hatten, zwei davon waren anwesend: Ein Baby und ein 3 Jahre altes Mädchen. Zusätzlich hatten sie noch zwei Jungs. 6 und 13 Jahre alt. Welche beide zur Schule gehen. Und die Schule befindet sich im nächsten Dorf, also 60 km entfernt. Da die Kinder diese Strecke nicht täglich pendeln können (auf Naturstrassen sind das so 2h Fahrtzeit) leben sie während der Schulzeit im Dorf. Dort hat die Familie ein Ger und die Kinder leben alleine dort. Schliesslich ist ein 13 Jahre alter Junge ja alt genug, um auf seinen kleinen Bruder aufzupassen. Mittagessen kriegen die Kinder immerhin in der Schule. Fürs Abendessen sorgen nette Nachbarn und um den Rest müssen sie sich selber kümmern.

Nach ca. 15 Minuten bei der Familie ging es für die anderen dann los auf die Kamele. Dies waren die Kamele besagter Nomadenfamilie. Was unterm Strich bedeutete: Die Eltern gingen mit unserer Gruppe und den Kamelen mit, und ihre kleinen Kindern liessen sie uns zur Aufsicht zurück. Uns, das waren ja immerhin auch noch unser Guide und unsere Fahrer, also nicht „nur“ zwei Touristen. Trotzdem… Ich glaube kaum, dass hier jemand ein Baby und eine 3 Jährige einfach fremden Leuten überlassen würde.

Wir hatten dann Zeit, um Fotos zu schiessen. Vor allem von den zwei Kleinen natürlich. Allerdings war die 3 Jährige sehr schüchtern. So dauerte es eine ganze Weile, bis sie sich mal nicht mehr hinter ihrem Plüschtier versteckte. Aber mit viel Geduld, immer wieder nett Lächeln und einem der Fahrer, welcher ihr irgendwas sagte – wahrscheinlich so was wie „die beisst schon nicht“ – gelang es mir dann, dass das Plüschtier etwas zur Seite gelegt wurde und sie in die Kamera schaute. Gegen Ende waren wir dann sogar so weit, dass wir nebeneinander sassen und gemeinsam die Fotos von ihr auf meiner Kamera durchschauten.

Ebenfalls wurde ich in dieser Zeit noch einem Interview unterzogen. Die Fahrer interessierten sich plötzlich für mich Europäerin und liessen vom Guide ihre Fragen an mich übersetzen. Als sie mein Alter hörten, sowie die Tatsache, dass ich ledig bin und keine Kinder haben, waren sie schon recht erstaunt. Immerhin ist es in der Mongolei nach wie vor üblich, dass man im Alter von 20 bereits heiratet und Kinder kriegt. Da unser Guide aber auch ledig war, und bereits 24 Jahre alt, hat das dann wiederum Fragen aufgeworfen. Und ja, seine Mama war ganz klar der Meinung, dass er eigentlich schon verheiratet sein sollte… Und gar nicht einverstanden damit, dass er auf Grund seines Jobs immer noch keine Freundin gefunden hatte.

Übrigens sieht man auf den Fotos mehr als ein Ger. Das ist normal, die meisten Nomadenfamilie besitzen mindestens 2 Gers. Ein Wohnzimmer und ein Schlafger. Diese Familie war etwas reicher und besass somit 4 Gers: Eines zum Gäste empfangen und Wohnen, eines zum Kochen und Essen und zwei zum Schlafen.

Ein Kommentar

  • Asiaten wird Verschlagenheit und Falschheit nachgesagt. In Wirklichkeit sind die meisten sehr ehrlich und offen. Unverdorbener, als Menschen im Westen. Man hat euch als Erwachsenen quasi die natürliche Aufsicht über die Kinder anvertraut. Alle sind Tanten und Onkel. Kinder lernen dort auch früher selbstständig zu sein. Siehe die beiden Jungen. Aber das Lachen des Mädchens ist süß 🙂

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